DOPINGVERDACHT: POSITIVE TESTS MEHRERER CHINESISCHER TOPSCHWIMMER BLIEB OFFENBAR FOLGENLOS

Anfang 2021 sollen 23 chinesische Schwimmerinnen und Schwimmer positive Dopingproben abgegeben haben. Wenige Monate später gewannen manche von ihnen Gold bei Olympia. Die Welt-Antidopingagentur wusste offenbar davon.

Trotz positiver Dopingtests sollen 23 chinesische Topschwimmerinnen und -schwimmer an den Olympischen Spielen 2021 in Tokio teilgenommen haben. Laut ARD und »New York Times« habe die Welt-Antidopingagentur Wada davon gewusst, aber auf eigene Ermittlungen verzichtet. Stattdessen vertraute die Wada offenbar der Darstellung chinesischer Behörden, die verunreinigte Mahlzeiten in einem Hotel als Grund für die positiven Tests angaben.

DER SPIEGEL fasst die wichtigsten News des Tages für Sie zusammen: Was heute wirklich wichtig war - und was es bedeutet. Ihr tägliches Newsletter-Update um 18 Uhr. Jetzt kostenfrei abonnieren.

Die Schwimmerinnen und Schwimmer sollen bei einem nationalen Wettkampf im chinesischen Shijiazhuang Anfang 2021 positive Dopingproben abgegeben haben. Laut »New York Times« war fast die Hälfte des 30-köpfigen Olympia-Schwimmteams Chinas betroffen. Zu den positiv Getesteten soll unter anderem Zhang Yufei gehört haben, die später zwei Goldmedaillen in Tokio holte, und die ebenfalls späteren Olympiasieger Wang Shuan und Yang Junxuan. Yufei wird voraussichtlich auch an den diesjährigen Spielen in Paris teilnehmen.

Bei den Schwimmern soll das auf der Wada-Verbotsliste stehende Herzmittel Trimetazidin gefunden worden sein. Auch bei der russischen Eiskunstläuferin Kamila Walijewa war diese verbotene Substanz festgestellt worden. Als 15-Jährige nahm sie 2022 bei den Olympischen Winterspielen teil, Anfang des Jahres wurde sie nachträglich für vier Jahre gesperrt. Wie die ARD berichtete, seien in China nun ebenfalls drei damals minderjährige Schwimmer positiv getestet worden.

Trimetazidin an Gewürzcontainern

Laut ARD untersuchte das chinesische Ministerium für öffentliche Sicherheit den Vorfall. Dem Untersuchungsbericht zufolge seien die positiven Proben durch Kontamination zustande gekommen. In einer Hotelküche in Shijiazhuang sei für die betroffenen Athleten Essen gekocht worden. Aus dem Report gehe hervor, dass mehr als zwei Monate später Ermittler die Küche inspiziert und dabei Spuren von Trimetazidin im Dunstabzug, an Gewürzcontainern sowie im Abfluss gefunden hätten.

Demnach sei das Dopingmittel ohne das Wissen der Athletinnen und Athleten in deren Körper gelangt. Die chinesische Antidopingagentur erklärte, dass »keine Antidopingverstöße« vorgelegen hätten und somit kein Handlungsbedarf bestanden habe.

Die Wada sah das offenbar ähnlich. Man habe »keine Grundlage« gesehen, die »Erklärungen der Kontamination anzufechten«, teilte die Wada auf Anfrage der ARD mit. Es habe sich in den Proben um eine »niedrige Konzentration« und »schwankende Werte« gehandelt. Der Weltschwimmverband teilte mit, die Vorgänge seien sorgfältig und professionell geprüft worden. Man habe daher nichts weiter unternehmen müssen.

»Messer im Rücken aller sauberen Athleten«

Die ARD-Dopingredaktion nannte den Vorfall einen der »größten Dopingverdachtsfälle der Sportgeschichte«. Der Chef der US-Antidopingagentur Travis Tygart, sprach laut ARD und »New York Times« von »schockierenden Enthüllungen« und von einem »Messer im Rücken aller sauberen Athleten«. Der Fall rieche »nach Vertuschung auf den höchsten Ebenen der Welt-Antidopingagentur«. Wie die »NY Times« berichtete, beschäftigte sich das FBI in den vergangenen Wochen mit dem Fall.

Dopingexperte Fritz Sörgel hält es dem ARD-Bericht zufolge für »extrem unwahrscheinlich«, dass die Schilderungen aus dem chinesischen Bericht zu den positiven Proben führten.

2024-04-20T09:09:12Z dg43tfdfdgfd