„TEAM VON DINOSAURIERN“: SKISPRUNG-WELTREKORD-TRAINER ATTACKIERT FIS SCHARF

Nach 291-Meter-Sprung auf Island

„Team von Dinosauriern“: Skisprung-Weltrekord-Trainer attackiert FIS scharf

Seit Ende April hält Ryoyu Kobayashi den inoffiziellen Skisprung-Weltrekord. Ein Unterstützer kann die Haltung des Weltverbands nicht nachvollziehen.

München – Der japanische Skispringer und Olympiasieger Ryoyu Kobayashi sorgte Ende April für Furore in der Welt des Wintersports. Auf einer provisorischen Schanze in Island flog der 27-Jährige den neuen inoffiziellen Skiflugweltrekord, kam dabei auf insgesamt 291 Meter. Von der FIS wurde die neue Benchmark allerdings nicht anerkannt – sehr zum Missmut von Kobayashis Unterstützer Frédéric Zoz.

Ryoyu Kobayashi
Geboren:8. November 1996 in Hachimantai
Sportart:Skispringen
Erfolge (Auswahl):1 x Olympia-Gold, 1 x Olympia-Silber, 1 x WM-Silber, 1 x WM-Bronze

Skisprung-Weltrekord-Trainer attackiert FIS scharf

Der Franzose Zoz zählte zu dem Team, das den atemberaubenden Sprung von Ryoyu Kobayashi im isländischen Skigebiet Hlidarfjall mitorganisiert sowie bei der Durchführung geholfen hatte. Auf der Schanze – einem sogenannten „Monsterbakken“, finanziert von Sponsor Red Bull – übertraf der Japaner den bisherigen Rekord um fast 40 Meter. Diesen hatte der Österreicher Steffen Kraft mit 253,5 Metern inne.

Bereits in den ersten beiden Versuchen auf der Vulkaninsel war Kobayashi auf satte 259 sowie 282 Meter gekommen, wie spektakuläre Videoaufnahmen dokumentieren. Allerdings: Bereits kurz nach dem Sprung teilte der Weltverband FIS mit, dass man das Ergebnis nicht anerkennen werde. Die Sprünge seien „nicht unter Wettkampfbedingungen und in Übereinstimmung mit den FIS-Regeln“ erfolgt, hieß es.

Sprung über 250 Meter: Idee bereits vor 15 Jahren aufgekeimt

Zoz kritisiert die Haltung der FIS nun deutlich und berichtet im Nordic Mag: „An ein solches Projekt hatte man bereits vor rund fünfzehn Jahren, zusammen mit dem damals von Red Bull ausgewählten Thomas Morgenstern, gedacht. Sie hatten damals in Österreich ein Sprungbrett mit der Idee gebaut, über 250 Meter hinauszugehen, aber das Projekt wurde von der FIS komplett gestoppt. Dem Athleten wurde mit dem Ausschluss von den Weltcups und den Olympischen Spielen gedroht.“

Vor etwa zwei Jahren sei das Red-Bull-Projekt dann erneut und unter strengster Geheimhaltung angelaufen. Hierzu hätten sich die Verantwortlichen auf einen Athleten aus einer „diskreten“ Nation geeinigt – in diesem Fall also Kobayashi aus Japan, der in seiner Laufbahn bereits dreimal die Vierschanzentournee gewonnen hat. Der Ort für die extra anzufertigende Schanze auf Island sei dann im Juni 2023 ausfindig gemacht worden, so Zoz.

Kobayashi setzt sich bei Beschaffenheit der Island-Schanze durch

Frédéric Zoz erläutert in dem oben genannten Bericht weiter, dass er mit seiner Expertise bei der Realisierung des Bauprojekts mitgeholfen habe. Dabei wurden unterschiedliche Varianten für die Beschaffenheit der Schanze diskutiert. Letztendlich entschied sich Kobayashi – entgegen dem Rat von Zoz, der eine künstliche Spur bevorzugt hätte – für eine natürliche Anlaufspur. „Red Bull hat hart daran gearbeitet, diese Strecke im Schnee zu bauen. Was sie taten, war unglaublich“, lobt der Franzose allerdings rückblickend.

Der erste Sprung, den Kobayashi schließlich in Island durchführen konnte, kam mit 175 Metern noch ernüchternd daher. Hatte sich der Aufwand doch nicht gelohnt? Schnell steigerten sich aber die Distanzen, die der Asiate zurücklegen konnte: 239 Meter, 256 Meter – ganz am Ende sogar 291 Meter.

Kobayashi-Weltrekord: Trainer Zoz wehrt Vorwürfe ab

Dass der sagenhafte Weltrekord-Sprung Kobayashis von der FIS nicht anerkannt werde, wurmt Frédéric Zoz nach wie vor. Wettbewerbsverzerrung etwa aufgrund einer nicht regelkonformen Ausrüstung schmettert der Trainer im Nordic Mag ab: „Grundsätzlich kann ich sagen, dass der Anzug zu 98 Prozent dem Modell entsprach, das er den ganzen Winter über im Weltcup getragen hatte. Anderweitige Spekulationen sind völlig falsch.“

Weiterhin konstatiert Zoz: „Ich habe in den sozialen Medien viele Kommentare gelesen, in denen es hieß, es handele sich nicht um einen echten Weltrekord, sondern nur um Werbung für Red Bull. Ein Projekt wie dieses kostet fast zwei oder drei Millionen Euro, aber es ist ein Tropfen auf den heißen Steinen, wenn man bedenkt, was die Renovierung der Predazzo-Schanze für die Olympischen Spiele 2026 kosten wird.“ Er sei sich sicher: „Dies ist ein Ereignis, das noch eine Wende in unserem Sport bringen wird.“

Skisprung-Trainer Zoz: Weltrekord-Sprung ist „Tritt in den Hintern“

An der FIS lässt Frédéric Zoz letztendlich kein gutes Haar und betont, dass Kobayashis Sprung für den Weltverband „ein großer Tritt in den Hintern“ sei: „Das ist ein Dinosaurier-Team, das das Geschäft nicht voranbringt. Mit ihren Wettkampf- und Ausrüstungsbestimmungen haben sie der Nordischen Kombination bereits den Garaus gemacht. Auch im Skispringen sind wir mit einem fragilen Geschäft am Limit! Vielleicht ermöglicht der Sprung der FIS ja, ihre Art und Weise, wie sie unseren Sport verwaltet, selbst zu hinterfragen.“

Zoz beendet seine kritischen Ausführungen mit dem Statement: „Die Tatsache, dass er 291 Meter geflogen ist, finde ich fantastisch und es öffnet Türen und ich hoffe, dass es unseren Sport verändern wird.“ Zwist gab es kürzlich auch zwischen der FIS und den Organisatoren der Matterhorn-Abfahrt. (chnnn)

2024-05-03T17:17:10Z dg43tfdfdgfd