TUCHEL? "DAS SCHAFFT KEIN TRAINER"

Stefan Effenberg spricht Klartext zur Situation beim FC Bayern und dem scheidenden Coach Thomas Tuchel. Auch zu Ralf Rangnick sowie zur Entscheidung von Bundestrainer Julian Nagelsmann für den DFB hat der SPORT1-Experte eine eindeutige Meinung.

Liebe Fußball-Freunde,

wie ist nun die Situation beim FC Bayern nach dem Sieg bei Union Berlin (5:1), dem Weiterkommen in der Champions League und der nach wie vor ungeklärten Nachfolge für den zum Saisonende scheidenden Trainer Thomas Tuchel?

Sagen wir es mal so: Bayern war schon kürzlich in einer ganz ähnlichen Situation, als sie in der Königsklasse gegen Lazio Rom weitergekommen waren und danach auch Mainz 05 mit 8:1 geschlagen hatten.

Doch dann gab es wieder einen Knick mit Niederlagen wie gegen Heidenheim (2:3). Also worum geht es, wo sie nun erneut einen kleinen Lauf haben?

FC Bayern: Niveau in der CL herausragend

Klar, du musst gegen Union auch erstmal 5:1 gewinnen, ich würde das aber nicht auf die Goldwaage legen. Denn für Bayern geht‘s jetzt nur noch um eins: die Champions League zu gewinnen.

Die Bayern und Tuchel wissen genau, was sie nun zu tun haben. Und Tuchel wird nun alles tun, um den Titel nach München zu holen.

Zumal die Bayern in der Gruppenphase auch durchweg auf höchstem Niveau performt haben - immer wenn sie unter Druck standen, haben sie sehr gut gespielt.

Das Leistungsniveau in der Champions League - auch bei Borussia Dortmund übrigens - war bislang herausragend, wenn auch viel auf die Bundesliga geschaut wird und dass Meister Bayer Leverkusen enteilt ist.

Effenberg: Mannschaft steht in der Pflicht

Tuchel hat sich vielleicht nicht immer glücklich verkauft in den Interviews und nach außen, aber für mich ist die Mannschaft in der Verantwortung. Bei Leistungsschwankungen musst du immer auf die Spieler zeigen.

Die Mannschaft steht in der Pflicht, man kann mit dem Finger nicht immer auf den Trainer zeigen. Tuchel also den Schwarzen Peter zuzuschieben, ist für mich zu einfach.

Man darf nicht vergessen: Tuchel kam im Sommer in einer schwierigen Phase - da gab es das Aus von Oliver Kahn (Ex-Vorstandschef, Anm. d. Red.) und Hasan Salihamidzic (Sport-Vorstand, Anm. d. Red.).

Dazu hat Tuchel seine Holding Six nicht bekommen - da bist du als Trainer auch ein Stück weit machtlos. Ich weiß aber auch, dass die Mannschaft in weiten Teilen hinter Tuchel steht. Denn sonst performst du nicht so wie zuletzt in beiden Spielen gegen den FC Arsenal.

„Müssen wir an den Kader ran und ihn umbauen?“

Das schafft kein Trainer, der den Rückhalt nicht hat und mit den Spielern nicht gut arbeitet.

Aber klar ist auch: Dass du es in der Champions League schaffst, aber nicht in der Bundesliga, ist dann vielleicht auch einer gewissen Sättigungsphase geschuldet. Weshalb die Verantwortlichen sich dann überlegen sollten: Müssen wir an den Kader ran und ihn umbauen?

So oder so: Tuchel ist Geschichte, dass er doch noch bleibt, glaube ich einfach nicht. Egal wo du arbeitest: Du brauchst doch Rückendeckung durch die Oberen. Das ist verloren gegangen bei den Bayern durch die Abgänge von Kahn und Salihamidzic. Oder wäre Edin Terzic sonst noch Trainer in Dortmund, wenn er da nicht die Rückendeckung von den Bossen bekäme?

Dass Ralf Rangnick die Tuchel-Nachfolge antreten wird, kann man, glaube ich, komplett ausschließen.

Rangnick zu Bayern: Bosse nicht überzeugt

Rangnick braucht das absolute Sagen, er will allein entscheiden. Allein das würde schon mal nicht einfach bei Bayern.

Dazu kommt, dass Leute wie etwa Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge mit weiterhin großem Einfluss nicht so überzeugt sind von der Personalie Rangnick.

Und: Wenn Rangnick als Nationalcoach in Österreich etwas aufbaut, schon im Vorfeld klar und deutlich sagt, er wolle den erfolgreichen Weg weitergehen bis zu seinem Vertragsende 2026, dann kann ich mir bei ihm nicht vorstellen, dass er sich nach der EM verabschiedet.

Dann wäre das die gleiche Situation wie bei den Gerüchten um Julian Nagelsmann, wo viele dachten, der spielt nun nur noch die Heim-EM und geht dann zu Bayern.

Nagelsmann? „Wegweisend für die Zukunft“

Apropos Nagelsmann und dessen Verbleib als Bundestrainer über die Europameisterschaft hinaus: Ich begrüße die Entscheidung und kann sie auch total nachvollziehen. Gerade in der Kombination mit Rudi Völler (DFB-Sportdirektor, Anm. d. Red.), der seinen Vertrag zuvor verlängert hat, macht es absolut Sinn.

Es ist ein Zeichen und wegweisend für die Zukunft, nachdem Nagelsmann ja schon mit seiner Kader-Zusammenstellung vor den letzten beiden Länderspielen ein Zeichen gesetzt hat.

Es war auch entscheidend, die Vertragsverlängerung vor der EM unter Dach und Fach zu kriegen, so dass du dich jetzt ganz auf den Fußball konzentrieren kannst.

Bis bald, euer Stefan Effenberg

Stefan Effenberg hat 2001 mit dem FC Bayern die Champions League gewonnen. Mit den Bayern und Borussia Mönchengladbach wurde er zudem mehrmals Deutscher Meister und Pokalsieger. Seit Sommer 2018 gehört der 55-Jährige zum festen Experten-Team des STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1.

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