SABRINA WITTMANN: ERSTE CHEFTRAINERIN IM DEUTSCHEN MäNNER-PROFIFUßBALL

Mit Sabrina Wittmann übernimmt beim Drittligisten FC Ingolstadt eine Frau bis Saisonende den Cheftrainerposten. Bislang waren im deutschen Männerfußball auf diesem Niveau stets männliche Coaches hauptverantwortlich.

"Vorbilder sind wichtig, damit andere Frauen erkennen, was alles möglich ist", hatte Sabrina Wittmann noch Anfang April in einem Interview auf der Internetseite des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gesagt. Wochen später bekommt sie nun die Gelegenheit, selbst eines zu sein. Die 32-Jährige wird beim FC Ingolstadt, der in der 3. Liga spielt, bis zum Saisonende als Cheftrainerin fungieren. Sie ist damit die erste Frau, die ein Männerteam im deutschen Profifußball trainiert.

Zwar gab es mit Ex-Nationalspielerin Inka Grings beim SV Straelen und Imke Wübbenhorst bei Sportfreunde Lotte Vorgängerinnen, jedoch waren sie bei Männerteams in der vierten Liga tätig. Beim Bundesliga-Verein 1. FC Union Berlin vertrat Marie-Louise Eta zu Jahresbeginn als Co-Trainerin gemeinsam mit Danijel Jumic den gesperrten Chefcoach Nenad Bjelica. Wittmann ist nun aber die erste Chefin in einer der drei Profiligen.

"Wir gehen nach Qualität, nicht nach Geschlecht"

"Wenn Sabrina männlich wäre, wäre alles okay, und es wäre nicht spannend", kommentierte Ingolstadts Sportdirektor Ivo Grlic die Beförderung Wittmanns, die bisher Trainerin der U19-Juniorinnen des Klubs war. "Aber wir gehen nach Qualität und nicht nach dem Geschlecht", so der ehemalige Bundesliga-Profi, der unter anderem bei Alemannia Aachen und für den MSV Duisburg spielte. Grlic beschrieb Wittmanns Kerneigenschaften mit: "Direkt, authentisch, sehr talentiert."

"Uns ist klar, dass sie eine sehr gute Trainerin ist", sagte Ingolstadts Geschäftsführer Dietmar Beiersdorfer vor Wittmanns erstem Spiel auf der Ingolstädter Bank. Sie sei "wirklich eine hervorragende Trainerin, das hat sie in all den Jahren bewiesen." Beiersdorfer hob Ausstrahlung und inhaltliche Kompetenz hervor.

Wittmann ist in Ingolstadt geboren und aufgewachsen. Sie spielte von 2011 bis 2013 für das Frauenteam des FCI, danach für andere Mannschaften im Bundesland Bayern und der bayerischen Landeshauptstadt München. Profispielerin war sie aber nie.

Seit 2017 hat Wittmann beim FC Ingolstadt verschiedene Jugendmannschaften trainiert und ist den Verantwortlichen des FCI daher bestens bekannt. Mit der U19 feierte sie am vergangenen Wochenende die Vize-Meisterschaft in der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest.

Der Verein, so Grlic, sei "auch dafür da, unsere Trainer weiterzuentwickeln". Daher habe man sich dafür entschieden, Wittmann bei der ersten Männermannschaft eine Chance zu geben, nachdem man sich zuvor vom bisherigen Cheftrainer Michael Köllner getrennt hatte.

Vier Ligaspiele und ein Pokalfinale

Am Donnerstag leitete Wittmann das erste Training, am Sonntagabend stand mit der Heimpartie gegen den SV Waldhof Mannheim das erste Pflichtspiel an. Insgesamt wird Wittmann fünf Spiele des FCI coachen. Dem Spiel gegen den SV Waldhof folgen die Ligapartien gegen den VfB Lübeck, der bereits als Absteiger feststeht, und den SV Sandhausen. Der FC Ingolstadt, der von 2015 bis 2017 in der Bundesliga spielte, ist als Tabellenelfter nicht vom Abstieg bedroht, kann aber auch nicht mehr aufsteigen.

Dennoch gibt es sportlich noch etwas Großes zu erreichen: Am 25. Mai - im letzten Spiel unter Wittmann - geht es im Endspiel des Bayern-Pokals gegen die Würzburger Kickers um einen Titel. Mit dem Sieg im Finale wäre gleichzeitig der Einzug in die erste Runde des DFB-Pokals verbunden.

Wittmann freute sich am Donnerstag sichtlich über die Aufmerksamkeit, die ihr beim Betreten des Trainingsplatzes zuteilwurde. Zahlreiche Journalisten und mehrere Kamerateams waren anwesend, um über die erste Frau im Männer-Profifußball zu berichten. Mit einem Lächeln betrat sie den Platz, danach ging es konzentriert an die Arbeit.

Sie ist seit 19 Jahren im Verein und kenne "alle Spieler, von den ganz kleinen bis zu den ganz großen". Auch wenn ihr Engagement laut Klubangaben nur bis Saisonende angelegt ist, bedankte sich Wittmann für die "maximale Wertschätzung vom Verein".

Ihr Einstand als Cheftrainerin gelang ebenfalls: Zwar lagen die Ingolstädter gegen Waldhof Mannheim lange Zeit zurück, gaben sich aber nie auf und kamen in allerletzter Sekunde doch noch zum 1:1-Ausgleich.

Der Text wurde am 6. Mai aktualisiert.

Autor: Andreas Sten-Ziemons

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