FRAUEN-BUNDESLIGA: DER SILBERSCHATZ DER BAYERN GLITZERT WIEDER MEHR

"Ich weiß, wir werden besser werden": Nach dem zweiten Titel nacheinander wollen die Fußballerinnen des FC Bayern eine Ära prägen. Und in der Herangehensweise von Trainer Alexander Straus steckt ein schöner Gruß an den Tegernsee.

Der Silberschatz der Bayern glitzert wieder mehr

Die eine oder andere versuchte sicherlich, sich zu wehren gegen diesen Gedanken, der langsam ins Bewusstsein kroch und dort für angespannte Stimmung sorgte: Schon wieder?

63 Minuten waren vorbei, als Nikola Karczewska den Ball für Bayer Leverkusen zum Anschlusstreffer ins Tor lenkte. Bis zum Pfiff der Schiedsrichterin dauerte es zwar kurz, weil der Linienrichterin in der Aufregung die Fahne aus der Hand gefallen war. Aber dann reduzierte sich die Führung der Fußballerinnen des FC Bayern ganz offiziell auf 2:1 und ein Déjà-vu bahnte sich an: Schon im Vorjahr hatte die vorzeitige Meisterfeier wegen eines Remis im Ulrich-Haberland-Stadion abgeblasen werden müssen. Und auch diesmal hätte es beinahe noch 2:2 gestanden. Leverkusen, der neue Bayern-Schreck.

Doch mit jeder Minute mehr verdrängte Zuversicht die Zweifel. Und als die mitgereiste Anhängerschaft längst die zumindest in der Frauen-Bundesliga aktuell gültige Botschaft "Deutscher Meister wird nur der FCB!" sang und Trainer Alexander Straus schon ganz unruhig auf seine Armbanduhr blickte, brachte der letzte Pfiff des Tages die Gewissheit: Schon wieder!

Nach 1976, 2015, 2016, 2021 und 2023 haben die Münchnerinnen mit der Titelverteidigung 2024 zum sechsten Mal die Bundesliga gewonnen. Dabei gelang ihnen das gleiche Kunststück wie dem Meister der Männer: Bis zur Sicherung des Titels blieben sie ungeschlagen, bei 17 Siegen und drei Unentschieden. Zwei Spieltage stehen bis zum Saisonende am Pfingstmontag noch aus, womöglich ändert sich an diesem Sonderstatus also noch etwas. In jedem Fall kann der FC Bayern mit nun 54 Punkten nicht mehr von Dauerrivale VfL Wolfsburg (47) eingeholt werden.

"Ich bin überzeugt: Ihr könnt eine Ära prägen!", sagt der Vorstandsvorsitzende Dreesen

"Es ist ein unglaubliches Gefühl! Wir haben uns die deutsche Meisterschaft hart erarbeitet", sagte Abteilungsleiterin Bianca Rech: "Es war eine Saison mit Höhen und Tiefen." Die Tiefen durchlebte das Team vor allem im Dezember, als Wolfsburg die Bundesliga anführte und ein paar enttäuschende Ergebnisse sowie Verunsicherung die Auftritte der Münchnerinnen prägten - bis sie sich in der Winterpause ordentlich schüttelten und vor allem ihre Kommunikation aufarbeiteten. Das frühe Aus in der Champions League konnte dadurch zwar nicht verhindert werden. Dass die Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeit dennoch einen befreienden Effekt hatte, verdeutlichte besonders das 4:0 im März gegen Wolfsburg. Danach war eigentlich klar, dass die Schale in München bleiben würde.

Klub-Präsident Herbert Hainer war angesichts der Bedeutung der Partie nach Leverkusengereist, statt die Männer nach Stuttgart zu begleiten. Etwas vereinsamt saß er auf der Tribüne, begab sich dann aber mitten hinein ins Getümmel aus hüpfenden und jubelnden Spielerinnen. Auch Hainer zog sich eines der schwarzen Meisterinnen-T-Shirts über, bevor er auf dem Rasen lächelnd eine Umarmungsreihe startete. Für ihn war dieser Titel "Ausdruck dafür, dass diese Mannschaft reift und eine imposante Entwicklung durchläuft".

Der frische Erfolg ließ Hainer zudem ein Lob aussprechen, das ihm beim prominenteren Team seines Vereins derzeit wohl nur an manchen Tagen über die Lippen kommt: "Diese FC Bayern Frauen sind einfach Bayern-like: erfolgreich, inspirierend und echte Vorbilder, auf und neben dem Platz." Der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen ließ gar ausrichten: "Ich bin überzeugt: Ihr könnt eine Ära prägen!"

Dieser Blick in die Zukunft passt bestens zum Anspruch von Trainer Alexander Straus, der bei den Bayern seit 2022 im Amt ist und nun im zweiten Jahr den zweiten Titel holte. Schon vor der Fahrt nach Leverkusen hatte der 48-Jährige davon gesprochen, dass die Meisterschaft alles für ihn bedeute, für Erfolge wie diesen habe er seine Heimat Norwegen verlassen. Straus betont immer wieder, dass es darum geht, langfristig etwas aufzubauen und die Frauen des FC Bayern zu einem so üppigen Silberschatz zu führen, wie ihn die Männer in ihren Vitrinen präsentieren können.

"Wir werden größer werden! Wir werden massiv sein!", sagt Trainer Straus

Diese Herangehensweise hilft natürlich auch an Tagen, an denen es weniger gut läuft. Sie setzt aber auch jenen Plan der Professionalisierung fort, den die frühere Abteilungsleiterin Karin Danner einst austüftelte mit Bianca Rech, die vor bald einem Jahr ihre Nachfolge antrat. Ein Plan, der die Struktur der Sparte sowie des Kaders betrifft. Für die in ihren Augen dazu passende Spielweise verpflichtete Rech dann Straus.

Der Norweger bevorzugt Ruhe im Aufbau, Ballbesitz und Ballkontrolle. Das hat die Bewegung nach vorne bisweilen etwas langsamer gemacht und sein Team wohl um manche Chance gebracht; mit 52 Toren stellt der FC Bayern dennoch die zweitbeste Liga-Offensive nach dem VfL Wolfsburg (58). Die Defensive hingegen ist mit Abstand die beste der Bundesliga. Nur sieben Treffer ließ die Abwehr um Kapitänin Glódís Viggósdóttir bisher zu, Wolfsburg und die SGS Essen kommen auf je 19.

Natürlich haben Top-Zugänge wie Pernille Harder und Magdalena Eriksson mit ihrem Können und ihrer internationalen Erfahrung Anteil am Erfolg. Straus' Motto - viele Grüße an den Tegernsee - ist es aber auch, jene Spielerinnen anzuerkennen und besser zu machen, die er bereits hat. "Das Wichtigste ist, dass er sich kümmert um dich als Person, was in deinem Leben los ist, um deine Gefühle", sagte am Samstag ins Dazn-Mikrofon die englische Europameisterin Georgia Stanway, wie Linda Dallmann gegen Leverkusen Torschützin: "Als Fußballprofi wirst du manchmal als Roboter gesehen, es wird erwartet, dass du 24/7 funktionierst. Aber Alex versteht Menschen. Und er weiß, wie er das Beste aus dir rausholen kann."

Am Donnerstag kann der FC Bayern das Double holen

Straus gab das Lob an seine Spielerinnen zurück und stimmte in Dreesens Tonlage ein. Das angenehme für ihn, sagte Straus, sei schließlich: "Ich weiß, wir werden besser werden. Weil wir ein weit größeres Potenzial haben, als wir jetzt zeigen. Wir werden größer werden! Wir werden massiv sein!"

Das alles klang nach einer wilden Party. Aber die größte Ekstase bestand am Wochenende dann im XXL-Weizenglas, mit dem Giulia Gwinn freudetrunken Bierduschen verteilte (Straus erwischte sie, Hainer entkam). Ansonsten: Eher bescheidene, kleine Fläschchen und teils so große Zurückhaltung, dass Dallmann versichern musste, doch, doch, die Stimmung sei "schon sehr gut".

Aber in den Köpfen machte sich nun eben ziemlich schnell der Gedanke an das nächste wichtige Spiel breit: Am Donnerstag (16 Uhr, ZDF) treffen die Münchnerinnen im Pokalfinale auf Dauersieger Wolfsburg. Würden sie dem VfL dessen zehnten Cup-Sieg in Serie wegschnappen, wäre es ihr erstes Double. Und das wäre nach jahrelangem Hinarbeiten wirklich massiv.

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